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Muggensturm, 07.12.2010

Es ereignete sich heute morgen von 7:45 Uhr bis 8:35 Uhr – in der ersten Schulstunde, die ich als Schüler des vierstündigen Gemeinschaftskundekurses im Computerraum verbrachte. Früher, in der Unterstufe, war es etwas ganz Tolles, in den Computerraum zu dürfen. Was konnte man dort alles erleben! Bis heute ist nicht restlos geklärt, welcher Lehrer eigentlich auf die Idee gekommen ist, ein Computerspiel namens “BridgeBuilder” (oder in der älteren Version “Pontifex”) auf den Schulrechnern zu installieren. Generationen von LWG-Schülern müssen sich mit diesem Spiel schon die Zeit in den Schulstunden vertrieben haben! Völlig unbehelligt vom Lehrkörper konnte man da vor sich hin spielen. Leider haben das auch die Pädagogen an unserer Anstalt irgendwann gemerkt; sie griffen natürlich nicht zur naheliegenden Lösung, das Spiel einfach zu deinstallieren (viel zu technisch für Lehrer), stattdessen wurden – um auch gleich alle anderen unerwünschten Tätigkeiten zu unterbinden – die Tische in einem Kreis aufgestellt, die Monitore zur Mitte gekehrt, so dass die Aufsichtsperson alles mitbekommt, was sich so auf den Schülerrechnern abspielt. Diese Romantik wurde dem PC-Raum also schon mal genommen.

Schlimmer noch: Unser Aufenthaltsraum befindet sich im Mittelbau, und von dort aus ist es sehr weit zum Hauptbau. Mindestens 100 Meter. Außerdem muss man auch noch Treppen steigen, bis ins 2. OG. Ganz schlecht am frühen Morgen. Dementsprechend gedämpft war also heute morgen auch die Laune des Kurses vor Beginn der Stunde. Nachdem alle eingetrudelt waren, verteilte die nette Gk-Lehrerin den Arbeitsauftrag – Recherche zum Thema “Asylrecht”. Acht kleine Fragen, die es zu beantworten galt. Ein stinknormaler und dementsprechend auch stinklangweiliger Auftrag, erst recht, da es um “Asyl” geht, womit sich unsereins ohnehin nicht rumschlagen muss, und dann auch noch um “Recht” – der Tod jeder konzentrierten Arbeit. (Na gut, Übertreiben macht anschaulich. ;) )

Die Laune des Kurses besserte sich jedoch schlagartig, als die nette Frau Lehrerin ankündigte, nunmehr zum Sekretariat zu wandeln, um von dort eine Durchsage betreffs Schüleraustausch durch die Hallen der altehrwürdigen Schule erklingen zu lassen. Geschätzte Dauer der Abwesenheit: 7-8 Minuten. Genug Zeit, um schnell mal die neuesten Nachrichten auf Facebook zu checken, womit auch prompt begonnen wurde. Dann geschah etwas Seltsames. Irgendjemandem musste aufgefallen sein, dass das Abitur näherrückt und wir unserer Lehrerin in letzter Zeit ohnehin nicht viel Gutes getan haben, und kam wohl auf die irrwitzige Idee, jetzt den Arbeitsauftrag zu erledigen. Er hatte jedoch neben dieser Idee noch einen weiteren, folgenreichen und beinahe genialen Einfall: Arbeitsteilung über Facebook. Also machte ich mich auf, eine neue Gruppe im geheiligten Netzwerk zu gründen, die den banalen Titel “Gk-Arbeitsauftrag 7.12.2010″ trug. In diese Gruppe wurden alle anwesenden Facebook-Mitglieder eingeladen, und schon ging’s los: Wild wurde im Internet recherchiert, gepostet, gelöscht, nochmal gepostet in einer aktualisierten Version, ergänzt, verbessert, bis am Ende eine fertige Bearbeitung aller acht Aufgaben online und für alle abrufbar war – und das nach nur einer knappen halben Stunde, in der noch genug Zeit geblieben war, auf “Gefällt mir” zu klicken und dumme Kommentare zur Rechtschreibung in den Lösungen oder dem Dekolleté irgendeines unwichtigen Nebencharakters abzugeben. Möglich war das Ganze übrigens nur, weil sich die angekündigte Abwesenheit des Lehrkörpers etwa um das Vierfache verlängerte… :-)

Was war nur geschehen? Alle Aufgaben bearbeitet! In der Pädagogik nennt man dieses Prinzip “Betroffenheit”. Der Schüler muss betroffen sein vom Lerninhalt, es muss ihn also etwas angehen. Das reine Thema Asylrecht hätte dazu nicht sonderlich stark beigetragen. Fügt man dem jedoch den Reiz der virtuellen Kommunikation hinzu, der die meisten von uns tagtäglich an die Rechner lockt, so wird die Arbeit auf einmal nebensächlich; es ist ja richtig cool, eine gelöste Aufgabe zu “posten” und zu schauen, was der Rest so dazu kommentiert, ob’s ihm gefällt oder nicht, welche Videolinks dazu passen und wer wen angestupst hat.

Ein völlig neuer Ansatz der Gruppenarbeit ist entstanden. Von uns entwickelt. Zukünftig müssen die Lehrer nicht mehr mit Plakatrollen und bunten Filzstiften anrücken, nein, Facebook ist das Lernmedium der Zukunft! Ergebnisse sind für alle verfügbar, auch zu Hause zum Wiederholen, Herunterladen, Weiterverbreiten. Hach, wäre das schön… wenn da nicht die Lehrer wären, die die Tische im Raum umstellen, statt das Spiel vom Computer zu deinstallieren. ;-)

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